Einfach besser fräsen mit VHM-Fräsern

Vieles, was bereits im Artikel zum Fräsen (sh. FRÄSEN+BOHREN Nr. 3/2023 Seite 46ff.) mit Wendeschneidplattenfräsern dargestellt wurde, gilt in vielen Punkten auch für das Fräsen mit Vollhartmetallfräsern. Auch hier spielt die ganzheitliche Betrachtung des Prozesses, den man optimieren oder stabiler gestalten will, die zentrale Rolle. Das Fräsen mit einem Vollhartmetallfräser hat gegenüber Wendeschneidplattenfräsern aber einige Besonderheiten, die für die Optimierung berücksichtigt werden müssen. Auf diese Punkte geht dieser Artikel ausführlich ein.

Fehleranalyse und Optimierung von Fräsprozessen

Vollhartmetallfräser kommen meistens dann zum Einsatz, wenn hohe Anforderungen an die Qualität und Maßgenauigkeit der Bearbeitung gestellt werden oder wenn aufgrund besonderer Maßverhältnisse (schmale Kavitäten, tiefe Taschen) Wendeschneidplattenfräser nicht eingesetzt werden können. VHM-Fräser werden für ihre hohe Stabilität auch beim Einsatz in besonders harten oder zähen Werkstoffen geschätzt. Hier arbeiten sie mit hoher Präzision. Die hohe Standzeit macht sie bei vielen Anwendungen wirtschaftlich alternativlos. Sie lassen sich außerdem Nachschleifen, wodurch sich ihre Wirtschaftlichkeit deutlich erhöht. Damit VHM-Fräser ihr Potenzial voll ausspielen können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Läuft also im Prozess etwas schief, werden zum Beispiel die Toleranzen für das Bauteil nicht eingehalten oder verschleißt ein Fräser zu schnell, liegt das oft nicht an der Qualität des eingesetzten Fräsers. Der grundlegende Schritt in der Fehleranalyse und bei der Optimierung von Fräsprozessen ist deswegen der Blick auf alle Prozessparameter: Passen die überhaupt zueinander? Und ist der Fräser dafür geeignet? Neben dem Werkstoff und seinen physikalischen Eigenschaften spielen die Stabilität der Bearbeitungsbedingungen, die Spanabfuhr und die Schnittdaten hier die zentrale Rolle. 

Optimale Anwendungsbedingungen für VHM-Fräser

Grundlegende Daten zu den optimalen Anwendungsbedingungen eines VHM-Fräsers wie Werkstoffklassen sowie minimale und maximale Schnittwerte geben üblicherweise die Hersteller an. Im »Walter GPS«, einem für jedermann frei verfügbaren Online-Tool, kann man sich die passenden Schnittdaten für die konkrete Anwendung sogar bestimmen lassen, sobald alle relevanten Parameter vorliegen. Die Stabilität des Fräsprozesses ist dabei wohl der Aspekt, der die Wirtschaftlichkeit und Sicherheit des gesamten Bearbeitungsprozesses am stärksten beeinflusst. Der VHM-Fräser selbst sollte deswegen so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich auskragen. 

Die Stabilität der Werkzeug- und Bauteil-Aufspannung sowie das zu bearbeitende Material bestimmen auch die maximal mögliche Zähnezahl. Die Anzahl der Zähne wiederum bestimmt die Länge des Fräswegs: je mehr Zähne, desto länger der Fräsweg. Aber: Die Zähnezahl bestimmt auch die Größe des Spanraums, der für die sichere Spanabfuhr wesentlich ist: Je mehr Zähne, desto geringer der Spanraum. Bei hohem Abtrag sowie bei zähen, langspanenden Werkstoffen muss ein Fräser mit kleinerer Zähnezahl gewählt werden. Nur so ist ein sicherer Spantransport und damit ein sicherer Prozess garantiert.

Konkrete Frässtrategien für gezielte Problemstellungen

1.Hohe Abtragsraten mit Hochvorschubfräser (High-Feed-Fräser): 

Müssen bei relativ instabilen Bedingungen hohe Abtragsraten erzielt werden, können Hochvorschubfräser eine gute Lösung sein. Durch die Wahl eines kleinen Einstellwinkels und einer geringen Schnitttiefe lassen sich die seitlichen Abdrängkräfte reduzieren, die beim Ein- und Austreten aus dem Material auf den Fräser wirken. Der Schnittdruck wirkt dann vorwiegend axial und stabilisiert so den Fräsvorgang. Dadurch kann ein deutlich höherer Vorschub gefahren werden. 

2.Weniger Zeit für mehr Oberflächenqualität: 

Große Oberflächen gleichmäßig auf einen einheitlichen, hohen R-Wert zu schlichten, kann mit herkömmlichen Radiuskopierfräsern recht zeitaufwendig sein. Deutlich schneller arbeitet man hier mit Kreissegmentfräsern: Mit einer erheblich größeren Zeilenbreite und höheren Zähnezahl erreichen sie eine gleichbleibend gute Rautiefe der Werkstückoberfläche und sparen so bis zu 90 Prozent Bearbeitungszeit im Vergleich zur Bearbeitung mit Radiuskopierfräsern.

3.Werkzeugbestand sinnvoll reduzieren: 

Unternehmen, die viele unterschiedliche Werkstoffe fräsen, sammeln schnell einen hohen Bestand an Fräsern an. Das bereitet großen Aufwand in der Werkzeugverwaltung und bindet erheblich Kapital. Hier lassen sich mit VHM-Fräsern, die universell einsetzbar sind, der Werkzeugbestand und der damit verbundene Aufwand deutlich reduzieren. Walter hat hierfür das Xill·tec® Fräserprogramm entwickelt. Die universell einsetzbaren VHM-Fräser eignen sich für die ISO-Werkstoffgruppen P, M, K, N und S. Damit lassen sich alle gängigen Fräsoperationen ausführen. 

Standmenge optimieren

Sinkt die Standmenge ab, lässt sich oft mit einigen unkomplizierten Änderungen bei den Schnittdaten Abhilfe schaffen: Durch die Reduzierung der Schnittgeschwindigkeit verringert sich auch der Freiflächenverschleiß, die Standzeit erhöht sich. Erhöht man den Vorschub (fz), reduziert man die Eingriffszeit des Fräsers. Das wirkt sich positiv auf Stabilität und Verschleiß aus. Dabei müssen jedoch unbedingt die vom Hersteller angegebenen Richtwerte beachtet werden. Um den Fräser zu schonen sollte man, wenn möglich, in einer Schleife in das Material fahren (Einfahrschleife). So wirken deutlich geringere Kräfte deutlich weniger abrupt auf den Fräser ein.

Autor: Siegfried Schaal, Technischer Redakteur bei Walter.

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